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Eine praktische Checkliste für Kompetenz und Defizite im Alter

Bei vielen praktischen Fragen wäre es hilfreich, man könnte in eine Hülle schlüpfen, die erlaubt für einige Zeit älter (oder noch schöner wäre auch jünger) zu sein. Es gibt diese Geräte als Alterssimulatoren tatsächlich und sie sind auch hilfreich für Jüngere, die schnell einmal die Welt aus der Sicht der Alten erleben wollen.

Leider aber ist ihr Anwendungsbereich sehr eingeschränkt. Ich habe deshalb mit dieser Sammlung einen anderen Weg gewählt, der sowohl Defizite (wie im Alterssimulator), wie auch Kompetenzaspekte vereint.

Was wird besser im Alter, was wird schlechter? Das sind die Grundfragen, die ich mit Hilfe vieler anderer MitseniorInnen hier zu beantworten versuche.

Manches wird sich einfach nur ändern und es wird dann auf die Sichtweise ankommen, ob es nun als schlechter oder besser eingestuft wird.

Auf jeden Fall denke ich, dass diese Anregungen hilfreich sein werden, um Produkte, wie auch Dienstleistungen oder andere Angebote zu testen, ob sie tatsächlich seniorenfreundlich sind. Selbstverständlich ersparen auch sie nicht den Praxistest, denn nur mit konkreten Menschen einer Altersklasse und einer spezifischen Kultur wird man zu aussagekräftigen Ergebnissen kommen, aber sie schützen vielleicht vor Irrwegen und groben Fehlern.

Vor dem Gewitter in Tübingen

Was wird schlechter?

Es ist durchaus sinnvoll, mit einem Defizitmodell zu beginnen. Wissen wir doch, dass am Ende des Alterungsprozesses der Tod steht. In der Summe werden deshalb auch die Defizite überwiegen.

Aber wir sollten uns mit dieser Liste nur auf die Analyse beschränken und versuchen damit Angebote besser an die Möglichkeiten der Senioren und Seniorinnen anzupassen. Sie eignet sich keinesfalls fürs Marketing, wo ein anderer Weg beschritten werden muss und die negativen Aspekte ins Positive umgemünzt werden müssen.

Körperliche Aspekte

Sehen  (mehr dazu ...)

Hören  (mehr dazu ...)

Gehen, vor allem für Dickleibige (Knie oder Hüften versagen und schmerzen).

Man braucht einen Stock oder Rollator, um mobil blieben zu können.

Gehen oder Sitzen sind leichter als Stehen.

Stufensteigen verursacht Schmerzen und wird deshalb vermieden.

Aufstehen aus niedriger Position (z.B. aus der Badewanne oder aus niedrigen Stühlen) wird ohne Hilfe fast unmöglich.

Schmerzen bei vielen Bewegungen und Tätigkeiten, z.B. beim Bücken, Heben, Drehbewegungen der Hand oder des Kopfes beim Nachhintenschauen.

Viele Speisen, Genussmittel oder Getränke werden nicht mehr vertragen.

Toilettenbesuch wird häufiger notwendig  (mehr dazu ...)

Schnellere Ermüdung tritt ein. Man setzt sich gerne hin.

Empfindlichkeit gegen Luftzug und Temperaturschwankungen nimmt zu.

Risiko für Inkontinenz, Diabetes, Bluthochdruck, Schlaganfall, Herzinfarkt und Krebs steigt stark. Ab 80 dann auch für die Demenz.

Man kann die Balance auf einem Bein nicht mehr halten.

Man stürzt leichter und verletzt sich dabei schwerer.

Durstempfinden nimmt ab, in der Folge wird zuwenig getrunken.

Die Haut wird verletzlicher, rissiger, faltiger, insgesamt empfindlicher.

Schnarchen und Blähungen werden häufiger.

Geistige Aspekte

Merken, auch von Namen (Namensgedächtnis), fällt schwer.

Lernen, auch Auswendiglernen, wird viel schwieriger.

Neue Sprachen zu lernen wird nahezu unmöglich, außer man ist darin trainiert.

Erinnern an jüngste Vergangenheit wird zum Problem ("habe ich heute die Tabletten schon eingenommen?").

Termine werden wegen zeitlicher Orientierungslosigkeit leicht übersehen oder vergessen (mehr dazu ...).

Aufmerksamkeit beim Autofahren sinkt.

Konzentration über einen längeren Zeitraum wird schwieriger.

Auf Aufregungen kann man gerne verzichten.

Seelische Aspekte

Depressionen nehmen zu.

Verluste durch Betrug, Verlieren oder Verlegen werden häufiger und größer.

Angewiesenheit auf Hilfe kann zum massiven Problem werden.

Soziale Aspekte

Einsamkeit nimmt drastisch zu: Kinder aus dem Haus, Partner hat eine Jüngere, Eltern sind gestorben, beim Aufteilen des Erbes haben sich Verwandten total zerstritten, Freunde und Bekannte sterben oder sind nicht mehr in der Lage einen zu besuchen.

Manche Hobbys kann man nicht mehr ausüben.

Finanzielle Aspekte

Langfristiges Schrumpfen der Einkommen durch Inflation.

Ausgaben für die Familie werden größer, wenn die Enkelkinder kommen.

Nymphen am Anlagensee in Tübingen

Was wird besser?

Nicht alles wird mit zunehmendem Alter schlechter. Mit Erfahrung, Reduktion von Stress und vor allem mehr Zeit können sogar einige gesundheitliche Aspekte besser werden.

Körperliche Aspekte

Mehr Zeit für Vorsorge ist vorhanden.

Bessere Schonung bei Krankheiten ist leicht möglich.

Man weiß, was man nicht mehr tun sollte und was schadet und vermeidet es.

Man braucht weniger Schlaf.

Geistige Aspekte

Geduld ist leichter aufzubringen.

Mehr Zeit steht zur Verfügung.

Weniger Hektik ist möglich.

Man hat mehr Freiheit, seine Meinung zu äußern, muss weniger Rücksicht nehmen.

Man studiert genauer die Todesanzeigen in der Zeitung.

Seelische Aspekte

Zufriedenheit ist leichter erreichbar, man weiß, was man wirklich braucht.

Man kann stolz auf das Erreichte im Leben sein.

Weisheit als Summe vieler eigener und fremder Erfahrungen.

Ehrungen und Anerkennungen häufen sich.

Man kann für sich selbst, für seinen individuellen Geschmack und für seine eigenen Bedürfnisse kochen.

Soziale Aspekte

Niedrigere Kontaktbarrieren, besonders zu Gleichaltrigen.

Manche, die einem das Leben schwer gemacht haben, sterben.

Man kann zu allen Terminen reisen und so Kosten optimieren.

Reisen wird eine Hauptbeschäftigung ("Solange es noch geht").

Finanzielle Aspekte

Einkommen sind zwar niedriger, aber auch stabiler.

Kosten für den Weg zur Arbeit fallen weg.

Teure, repräsentative Arbeitskleidung ist nicht mehr notwendig.

Man braucht weniger zum Essen.

Vollmond über dem Österberg in Tübingen

Was verändert sich?

Generell ist Wandel für alte Menschen eine größere Herausforderung. So kann der Verlust eines Gartens z.B. drastisch die Lebensfreude einschränken oder das Schließen eines nahen Geschäftes und der Ruhestand des Hausarztes eine Katastrophe bedeuten.

Nicht jede Änderung wird als schlecht angenommen, auch wenn dies von außen oder in der Vorschau so empfunden wird. Bei manchen Dingen ist man später sogar froh, dass sie vorbei sind, man sich nicht mehr darum kümmern muss oder der Wegfall eine größere Freiheit bedeutet.

Körperliche Aspekte

Sexualität nimmt ab.

Man verliert langsam seine Zähne.

Der Tagesrhythmus ändert sich, längere Pausen werden eingelegt, häufige Schlafstörungen (Schlaflosigkeit, senile Bettflucht), relative Fitness am Morgen.

Der Mittagsschlaf wird für viele absolut notwendig.

Man nimmt leichter zu, wenn man mal über die Stränge haut.

Man muss häufiger zum Arzt gehen.

Geistige Aspekte

Übertriebene Gelassenheit, aber auch Nervosität.

Der Aktionsradius nimmt drastisch ab.

Neues wird immer weniger ausprobiert.

Hintergründe werden wichtig.

Die Zeit vergeht viel schneller als früher.

Seelische Aspekte

Das individuelle Persönlichkeitsprofil wird schärfer.

Haustiere stehen oft im Zentrum des Interesses.

Soziale Aspekte

Die alten, bewährten Berater müssen durch jüngere ersetzt werden.

Besonders schmerzlich ist dies bei den Ärzten, die einen lange begleitet haben.

Manche liebgewordene Einrichtung schließt oder hört auf, was zur Verarmung des Alltags führt.

Einfluss und Macht nehmen ab.

Männer sterben früher als Frauen.

Viele Frauen sind im Alter aktiver als gleichaltrige Männer.

Du besuchst öfter den Friedhof.

Finanzielle Aspekte

Preise und Kosten spielen bei Entscheidungen eine Hauptrolle.

Man bekommt nur noch erschwert Kredite.

Die Wohnung, das Haus wird zu groß und der Unterhalt zu teuer.

Die Privatkrankenversicherung wird zu teuer.

Finanzielle Risiken müssen vermieden werden.

Die Steuererklärung wird einfacher.


Was kann man daraus lernen?

Ich habe viele Lektionen kurzgefasst auf der Seite "Am Ende eines langen Lebens" beschrieben. Sie sind eine gute Wiederholung der Auswirkungen von Defiziten und Kompetenz. Mehr zu Kompetenz findet man zusätzlich auf der Seite zur Erfahrung.

Wer mit Hilfe der obigen Statements seine Angebote etc. testen will, der lese jeden Aspekt und frage sich, was er denn für sein konkretes Problem bedeuten könnte. Ist es fördernd, ist es hinderlich, oder ist es ohne Bedeutung?

Ich kenne z.B. einen Hotelier, der festgestellt hat, dass seine Katzen eine große Attraktion für ältere Besucher darstellen. Sie haben seine Tiere gerne gestreichelt und haben damit andere Unzulänglichkeiten des Ein-Sterne- Hotels gerne in Kauf genommen. Sein Hotel war extrem gut ausgebucht.

Mit hohen Ausgaben ist es leicht, "seniorenfreundliche" Angebote zu machen, die allerdings auf Grund des hohen Preises kaum jemand in Anspruch nehmen werden kann und damit nicht wirklich seniorenfreundlich sind.

Die Kunst wird sein, mit niedrigen Preisen und billigen Leistungen, die aber perfekt auf Seniorenbelange zugeschnitten sind, gleichzeitig gute Geschäfte und die SeniorInnen glücklich zu machen!

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