seniorenfreundlich.de - Senioren besser verstehen

Hier gibt es keine juristische Auskunft, wie man ein gutes Testament macht und auch keine Finanztipps, wie man dem Staat beim Vererben ein Schnippchen schlagen könnte. Dafür gibt es weit bessere Experten, z.B. Notare und Finanzberater, deren Rat man auch einholen sollte und auch andere Ratgeber.

Trotzdem kann diese Seite mit grundsätzlichen Überlegungen für viele Menschen wichtig sein, gibt sie ihnen doch ein besseres Gefühl, wie sie am Ende eines Lebens richtige Entscheidungen, unabhängig von eher kleinlichen Steuerfragen, treffen können. Die alten Muster gelten vielfach nicht mehr, die lange Lebenserwartung und auch die Globalisierung haben unsere Welt nachhaltig verändert. Es herrscht große Unsicherheit und damit auch großer Beratungsbedarf für Menschen, die immer älter werden, aber auch für ihre Kinder, die sich um sie sorgen.

Zu diesem Themenkomplex gibt es auf www.seniorenfreundlich.de verschiedene Seiten:
1. Gedanken über Erben und Vererben (auf dieser Seite).
2. Gedanken zum eigenen Begräbnis.
3. Gedanken, wie man sein Leben so ordnet, dass die Übergabe leicht fällt. Und wie man damit zurecht kommt, wenn dies nicht geschehen ist.

Ein kleines Buch hat mich zu diesem Beitrag beeinflusst, das in den USA ein Bestseller war, es aber meines Wissens nicht geschafft hat, ins Deutsche übersetzt zu werden. Wahrscheinlich zu Recht nicht, denn oft sind amerikanische Ratschläge für unsere Landschaft ziemlich unpassend. Es ist von Stephan M. Pollan und Mark Levine und heißt "Die Broke" (etwa "Stirb bankrott"). Seine Grundaussage ist, nichts zu vererben, sondern während der Lebenszeit das Geld und seinen Besitz für sich oder auch seine Familie auszugeben.

Es ist so ganz im Widerspruch zur deutschen Tradition, möglichst viel vererben zu wollen und ich habe mich gefragt, warum wir in Deutschland so unterschiedlich agieren.

Foto von Otto Buchegger

Ich selbst habe nichts - außer guten Genen und Talenten - geerbt, meine Familie war arm an Geld. Aber ich habe dies auch nie als Mangel angesehen. Meine Eltern haben mich sehr reich beschenkt. Sie haben mich gesund sein lassen, sie hatten sehr viel Zeit für mich, sie haben mir viel Freude am Leben vermittelt, sie haben mir jede Freiheit gelassen, sie haben meine Entscheidungen akzeptiert, was will ich mehr?

Meine teure und lange Ausbildung (in Österreich) konnte ich überwiegend selbst finanzieren, durch Arbeit, Stipendien und Kredite. Lediglich für meine junge Familie ist während der Studienzeit meine Schwiegermutter finanziell eingesprungen, sie sei noch heute dafür gepriesen.

Nach dem Studium waren wir finanziell unabhängig von Verwandten. Aber wir besuchten einander und es gab nie Streit ums Geld, wie ich es in deutschen Familien oft erlebt habe. Wir waren für uns selbst verantwortlich und kannten kaum Neidgefühle. Was wir nicht selbst geschafft haben, das hatten wir eben nicht.

Rückblickend mache ich unsere (relative) Armut (und das hervorragende österreichische Sozialsystem) für diese harmonische Situation verantwortlich. Wir hatten alles, was wir wirklich brauchten und das, was viel Geld kostete (und meist auch gar nicht wirklich notwendig ist, wie ein eigenes Haus) war so weit von uns entfernt, dass es sich nicht lohnte, darüber nachzudenken.

Erben war also nicht wirklich ein Thema. Es ist ein Thema für die Reichen und Besitzenden, lernte ich, z.B. für das reiche Deutschland.

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Tun wir unseren Kindern wirklich einen Gefallen, wenn wir Vermögen für sie anhäufen? Sicherlich, ihnen eine gute Ausbildung zu vermitteln, das steht für mich außer Frage und daran sollten wir auch nicht sparen. Aber dann? Sollten sie nicht besser für sich selbst Verantwortung übernehmen?

Es gibt nun immer für jedes Verhalten Musterbeispiele, was man machen oder was man unterlassen sollte. Ich persönlich habe gefunden, man tut den Kindern keinen Gefallen damit.

Erstens verpflichtet man sie damit und möglicherweise haben sie gar keine Chance sich zu revanchieren oder sie wollen diese Verpflichtung gar nicht.

Dann nimmt man ihnen auch Motivation und beraubt sie um eigene Erfolgserlebnisse. Ganz realistisch betrachtet ist es auch für den alten Menschen nicht schlecht, wenn sein Tod für die Erben nicht attraktiv ist.

Meist ist auch viel zu spät, ihnen erst Vermögen nach dem Tode zu geben. Man bedenke, wer achtzig Jahre alt wird und so um die dreißig herum seine Kinder bekommen hat, der vererbt dann an Fünfzigjährige! Das Geld hätten sie brauchen können, als sie selbst noch jung waren, mit 50 hat es kaum noch Bedeutung. Das Vermögen "mit warmen Händen geben", also noch zu Lebzeiten, das wäre oft angebrachter gewesen.

Aber letzten Endes ist es eine Frage der Freiheit, sowohl für die Gebenden, wie auch für die Nehmenden. Freiheit ist ein sehr hohes Gut und sie zu opfern, muss gut überlegt sein.

Ich habe viele enttäuschte Alte erlebt, die sich geärgert haben, zu viel für die Kinder gelebt und ausgegeben zu haben. Der Deal, ich gebe den Kindern, damit ich zurückbekomme, funktioniert häufig nicht mehr. "Eine Mutter kann zehn Kinder ernähren, aber zehn Kinder keine Mutter" beschreibt der Volksmund diese Situation dann kurz und bündig.

Der Generationenvertrag in den Familien funktioniert immer schlechter. Nicht weil die Jungen ihre Eltern nicht mehr lieben würden, ich denke daran hat sich grundsätzlich wenig verändert. Aber sie sind häufig weit weg von den Eltern, u.a. weil auch diese mobiler geworden sind. Auch Scheidungen erschweren die Situation. Und weniger Kinder heißt auch weniger Schultern, auf die die Last verteilt werden kann.

Aber dies muss nicht heißen, dass der Generationenvertrag überhaupt nicht funktioniert. Oft sind jüngere Bekannte und Freunde viel besser in der Lage, ihn zu erfüllen. Realistischer allerdings erscheint mir die Hilfe der Alten für die Alten. Die lange Zeitspanne von 60 bis 90 wird immer Menschen haben, die noch gut in der Lage sind, für andere, die Hilfe brauchen, zu sorgen. Das Netzwerk der Alten erscheint mir sicherer, als der klassische Alt-Jung-Deal

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Was soll man nun tun, um sein Vermögen im Alter für sich wirken zu lassen und dafür zu sorgen, dass das Geld bis zum Lebensende reicht. Ich stelle hier einige Gedanken vor, die man bedenken kann.

Nicht mit dem Geldverdienen (d.h. Arbeiten) ganz aufhören

Dies wird viele nicht überzeugen, war doch ihr ganzes Bestreben der letzten Jahre darauf gerichtet, endlich nicht mehr arbeiten zu müssen. Aber ich habe auch viele Probleme gesehen, wenn die Menschen plötzlich nichts mehr zu tun hatten.

Der richtige Weg scheint zu sein, gerade so viel zu arbeiten, dass die Arbeit noch leicht machbar ist, Spaß macht und sie Geld zusätzlich zu der schon erworbenen Grundversorgung bringt. Wichtig ist, dass man bei diesen Arbeiten sein eigener Chef bleibt.

Wer in der Vergangenheit erst zu leben begonnen hat, wenn es Feierabend wurde, für den war die Arbeit eher Frondienst und der will sie auch zu Recht im Ruhestand nicht mehr haben. Wer aber frei und selbst bestimmen kann, der wird solange aktiv sein, wie er atmen kann.

Es gibt einige kluge Senioren, die sich mit spezieller Ausbildung für diesen Lebensabschnitt vorbereiten und vielleicht auch die Wohnverhältnisse entsprechend anpassen.

Arbeit ist nämlich mehr als Geldverdienen, es ist u.a. auch Anerkennung, Kontakt, eine Lernmöglichkeit, kurzum ein Lebenselixier. Warum sollte man sie den Alten wegnehmen? Warum auf die Investitionen verzichten, die in jedem alten Menschen stecken? Bei körperlicher Arbeit wird es Altersgrenzen geben, aber es gibt doch vieles mehr, wo Alte sehr wohl noch leistungsfähig sind!

Hier ist nicht nur persönliches Umdenken gefragt, sondern auch politisches Handeln. Selbstverständlich müssen dazu die Rahmenbedingungen passen.

Das Barvermögen verrenten

Merkt man, dass im Alter die Leistungsfähigkeit rapide abnimmt, dann wird es Zeit über Verrentung des angehäuften Barvermögens nachzudenken. Man bekommt dann Geld solange man lebt, ohne sich darum kümmern zu müssen. Je später man einsteigt, um so höher wird die Rente sein, allerdings auch um so kürzer wird sie bezahlt.

Unsere politischen Verhältnisse scheinen stabil genug zu sein, um dies riskieren zu können. Oder anders gesagt, sollte wirklich die Katastrophe eintreten, dass Geld nichts mehr wert ist, dann gilt das auch für das Barvermögen. Also kann man mit etablierten Versicherern dies ruhig wagen.

Das finanzielle Instrument dazu heißt "Sofortrente" und wird von fast allen Versicherern angeboten. Da diese Rente sehr wichtig ist und man im Normalfall auch keinen Mengenrabatt bekommt, würde ich den dafür auszugebenden Betrag auf zwei bis drei Versicherer aufteilen. Hat man niemanden mehr zu versorgen, dann kann man sich auch die Mindestlaufzeit sparen. Zu achten ist immer auf die garantierte, nicht die versprochene Mindestrendite. Ist sie jedoch niedriger als die der Bundesschatzbriefe, dann Finger weg von dieser Verrentung.

Wahrscheinliche Risiken gut versichern

Dazu gehören Krankenversicherung und Pflegeversicherung, eventuell auch die Kosten für das Begräbnis. Wie im eigenen Abschnitt dazu beschrieben empfiehlt sich dazu die Beratung durch einen Versicherungsbroker (nicht Agenten) einzuholen.

Wohnungs- und Hausbesitz ablösen

Dazu dienen die Instrumente der umgekehrten Hypothek. In Deutschland gibt es für diese spezielle "ImmobilienRente" noch sehr wenige Anbieter, in den USA oder in England, wo Hausbesitz zu fast jeder Altersversicherung gehört, ist sie als "reverse mortgage" fest etabliert.

Man überschreibt seinen Grundbesitz der Bank und bekommt dafür eine lebenslange Rente und das Recht weiterhin selbst in vertrauter Umgebung wohnen zu können. Der Gedanke mag vielen Deutschen noch undenkbar vorkommen, aber mit weiter sinkenden staatlichen Renten wird sich die Situation ändern.

Kostbares im Haushalt, z.B. Sammlungen, verkaufen

Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel sich in einem langen Leben anhäufen kann, das schnell zu Belastung wird. Merkt man, dass man zuviel besitzt und diesen Besitz nicht mehr aktiv nützen kann, dann sollte man rechtzeitig ans Verkaufen denken. Es wird sicher Sammlungen geben, die wird man bis zum Tode behalten wollen. Aber es gibt auch "tote Sammlungen", die keine Freude mehr vermitteln und die man gut entbehren kann.

Das "Versilbern" kann sogar Spaß machen, hat man Zeit dazu und hat man noch Gelegenheit, sich über das erworbene Geld zu freuen und es auszugeben.

Man darf nicht vergessen, dass das Vererben dieser Sachen den Beschenkten oft gar keine Freude macht, im Gegenteil eine Riesenbelastung darstellen kann.

Ist man aber im Besitz von wahren Kostbarkeiten, dann kann man sie ja auch schon zu Lebzeiten weiter geben. Dabei sollte man sich überlegen, ob man wirklich alles verschenken soll. Es gibt oft bessere Möglichkeiten, man muss sich nur die Zeit dazu nehmen und über die richtigen Verträge nachdenken.

Sparen, Geld nur für konkreten Gegenwert ausgeben

Dieser letzte Punkt scheint für viele sehr problematisch zu sein. Denn leider führt zu viel Sparen im Alter oft zu Geiz, und dies ist für die Lebensqualität sehr schlecht.

Aber wer lange Lebenserfahrung hat, kann gut unterscheiden was notwendig ist und worauf man auch verzichten kann. Es ist schick geworden, den Alten mit allerlei Tricks das Geld aus der Tasche zu ziehen, häufig ohne jede Gegenleistung.

Hier ist anzusetzen. Die Frage nach dem realen Gegenwert wird helfen, zu unterscheiden, wofür das Geldausgeben Sinn macht und was nur Scheingeschäfte sind.

Sparen kann man leichter, wenn man mit Bargeld zahlt und über die Ausgaben Buch führt. Viele werden dies schon allein deshalb tun müssen, weil sie über sehr wenig Geld verfügen. Die anderen aber bekommen damit Transparenz und sie sind besser in der Lage ihre Finanzsituation realistisch einzuschätzen.

Der Notgroschen

Es liegt nun in unserer Natur, dass wir immer auch gerne Bargeld für Unvorhergesehenes haben wollen, z.B. für eine Operation, die die Krankenkasse nicht mehr zahlt oder für eine größere Reparatur am Haus. Ist genügend Geld in der Familie, dann wird man sich das auch gönnen können. Es beruhigt sehr und gibt auch den alten Menschen noch Macht, etwas, das sie nicht mehr so oft spüren.

Realistischerweise aber muss man auch sagen, dass dieser Notgroschen oft überschätzt wird. Soviel Geld, wie teure Operationen kosten, wird man nicht leicht zusammensparen können und der Notgroschen ist zu schnell dann auch weg. Viel besser als diese Art von Versicherung ist ein dichtes, soziales Netz, das flexibel helfen kann, wenn man wirklich Hilfe braucht.

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Wenn es nichts mehr zu erben gibt

Angenommen, man würde völlig neutral folgende zwei Extremmodelle durchrechnen,

  1. Bescheidene Ausgaben des Erblassers und dafür großes Erbe
  2. Kein Erbe und dafür großzügige monatliche Rente,

welches Modell ist nun besser?

Natürlich würde jeder Deutsche gemäß seiner Erziehung sich für den Fall1 entscheiden. Dafür spricht auch ganz objektiv, dass aufgrund hoher Freibeträge beim Erben der Staat wenig bekommt. Denn Renten müssen teilweise besteuert werden, das Erbe in den meisten Fällen aber nicht.

Aber viel wichtiger als steuerliche Vorteile werden wahrscheinlich andere Fragen, wie z.B. die emotionale Bindung, eingeschätzt. Vielleicht fürchten viele, dass die Nähe zu den Kindern verarmen würde, wenn "es nichts mehr zu holen gibt".

Aber ist es wirklich so? Viele Tests haben gezeigt, dass Menschen sich stets für kurzfristige Vorteile entscheiden, auch wenn deren Höhen geringer ausfallen. Sie suchen also eher großzügige Menschen heute auf, als dass sie sich mit dem Versprechen auf ein Erbe irgendwann einlassen.

Auf unser Beispiel angewandt würde die Frage lauten, bin ich als potentieller Erblasser besser dran oder als heute schon reicher Mensch? Im Fall zwei (kein Erbe, aber dafür großzügige Rente) ist mein Leben auf jeden Fall sehr viel mehr wert.

Ich erinnere mich an die grausame Sitte mancher Indianerstämme, beim Tode des Häuptlings den ganzen Hofstaat mit zu töten. Dies führte dazu, dass der Häuptling stets auf große Loyalität seiner direkten Untergebenen zählen konnte.

Ähnlich ist es auch mit den Verwandten. Wenn sie wissen, dass mit dem Tode auch eine sichere Geldquelle versiegt, werden sie anders reagieren, als wenn sie durch den Tod Vorteile bekommen. Ich brauche dazu nicht unzählige Kriminalstories als Beweis anführen.

Wer also nur auf persönliche Vorteile optimiert, der sorgt für eine hohe Rente, die er großzügig schon zu Lebzeiten und kontinuierlich an Menschen weitergibt, die sich dafür auch kontinuierlich dankbar erweisen oder eine andere Gegenleistung erbringen. In diesem Fall erspart er seiner Familie auch jede Menge Erbstreitigkeiten. Und sein Testament wird sehr kurz sein.

Wer - nach heute gültigem Steuerrecht - über seinen Tod hinaus das Familieneinkommen oder das der Rechtsanwälte optimieren will, der vererbt.

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Geld ist bekannterweise nicht alles, aber im Alter ist es sehr wichtig. Aber bei allen Betrachtungen sollte man auch die anderen Aspekte nicht vergessen, nämlich nette Gesellschaft, Unterhaltung, Reisen und anderes, was Spaß macht.

Ich habe in den Abschnitten "Geschenke" mehr Gedanken dazu aufgeschrieben, wie man lieben alten Menschen Freude machen kann!

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