Unser Wohlfahrtsstaat zwingt viele von uns im Alter - zum Glück - nicht mehr zum Gelderwerb. Trotzdem wollen manche alte Menschen noch gerne arbeiten, einfach um interessante Beschäftigung zu haben und um gegen Einsamkeit geschützt zu sein. Und natürlich auch, um der Gesellschaft, in der sie eingebunden sein wollen, einen Nutzen zu bringen.
So ist der Schwerpunkt dieser Arbeiten dann auch nicht mehr der Verdienst, sondern andere Aspekte werden wichtiger, wie Freiheit bei der Gestaltung der Arbeit, Anerkennung, nette Kontakte, kein Termin-Stress, keine Schwierigkeiten mit Vorgesetzten oder keine Formalitäten.
Auch wollen alte Menschen der Jugend keinen Arbeitsplatz wegnehmen, jedoch sollten auch keine neuen Unkosten entstehen, denn dafür ist meist kein Geld mehr da, weder bei den Senioren, noch in der Gesellschaft. Ich sammle hier Aufgabengebiete, die diese Randbedingungen erfüllen und die mir so im Laufe der Zeit unterkommen, damit man sich Anregungen für eigene Aktivitäten holen kann. Die Grenze zu bezahlter Seniorenarbeit ist nicht scharf, vielleicht bekommt man auch dort Anregungen.
In jeder Gemeinde, sei sie jetzt groß oder klein, gibt es Aufgaben, die nützlich wären, die aber niemand bezahlen will. Entweder weil sie nicht wichtig genug erscheinen oder weil einfach kein Geld dafür da ist. Trotzdem wird das Leben in den Gemeinden stark verbessert, findet sich jemand, der diese Arbeiten durchführt. Ich nenne hier Aufgabengebiete, die sich bewährt haben, mit etwas Kreativität können sicher viele weitere Bereiche gefunden werden.
Wer z.B. gerne Rad fährt, wird mit der Funktion eines Fahrradbeauftragten sehr glücklich werden. Er kann dann alle Straßen seines Ortes abfahren und auf Radhindernisse hinweisen, wie falsch ausgerichtete Kanaldeckel, zu hohe Kanten bei Auf-und Abfahrten, falsche Beschilderungen etc. Meist kostet die Behebung dieser Schäden die Gemeinden nicht allzu viel, aber wenn sich niemand findet, der aus Radfahrersicht auf diese Schwachstellen hinweist, werden sie im Laufe der Zeit zum Ärgernis oder vielleicht sogar zur gefährlichen Unfallursache.
Wer gerne am Abend oder in der Nacht spazieren geht, kann dabei die Beleuchtungen überprüfen und ausgefallene Beleuchtungskörper melden. Auch hier hat der Kontrolleur selbst einen Nutzen, denn neben dem Spaziergang sorgt seine Arbeit für Sicherheit in seinem Ort.
Ein nahezu unendliches Feld ist die Sauberkeit in deutschen Städten. Sie lässt oft zu wünschen übrig und Senioren auf ihren Spaziergängen können hier mit wenig Aufwand einen großen Unterschied herstellen.
Immer mehr Wetter-Messstationen müssen geschlossen werden, weil es zu teuer wird sie zu besetzen. Hier wäre ein weiteres ideales Feld für gebildete Senioren. Sie könnten helfen, die schon viele Jahre lang erstellten Messreihen weiter zu führen.
Kluge Gemeindeväter und -mütter werden diese ehrenamtlichen Aktivitäten im Dienste der Gemeinde mit dem Ersatz der Unkosten fördern und gelegentlich reichlich Anerkennung (die ja bekanntlich nichts kostet) aussprechen.
Viele wollen die Zeit im Alter nützen, um sich weiter zu bilden. Leider aber sind dafür Alte nicht mehr so gut ausgestattet wie Junge, nicht umsonst heißt es, "Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr". Also wird ein richtiges Studium für viele nicht mehr in Frage kommen, wohl aber ein spezielles Angebot einer Seniorenuniversität.
In größeren Städten wird man vielleicht mit dem Volkshochschulprogramm glücklich, in Universitätsstädten wird man immer einzelne Vorlesungen finden, die man gerne besucht und unabhängig von einem Prüfungsergebnis daraus Nutzen zieht.
Aber oft vergessen wird, dass auch das Lehren mindestens genau so viel Spaß macht, wie das Lernen. Fast jeder hat im Laufe des Lebens spezielle Fertigkeiten erlangt, die es wert sind, weiter gegeben zu werden. Meist mangelt es nur an Gelegenheiten oder an Anstößen, einfach damit zu beginnen. Dabei gibt es sogar Organisationen, die sich auf diese Vermittlung spezialisiert haben, wie z.B. den Senior Experten Service (SES).
Wer sich mehr engagieren will, kann als Business-Angel ganz praktisch beim Aufbau neuer Firmen helfen und u.U. damit auch finanziell profitieren. Unter dem Motto "Alt hilft Jung" oder "Senioren helfen Junioren" finden sich im Internet Angebote, die vielleicht interessant sein könnten.
In unserer rasch sich ändernden Zeit werden einige als "Letzte ihres Fachs" aus dem Berufsleben ausscheiden. Es liegt dann nahe, das ungeheure Fachwissen, das mit ihnen verloren geht, zu dokumentieren und eventuell für Schauzwecke in einer Art "Museum" zu zeigen. So haben einige Kollegen von mir mit dem Haus zur Geschichte der IBM Datenverarbeitung in Sindelfingen nicht nur einen großen Schatz an Hardware und Know-How bewahrt, sondern auch ein schönes und befriedigendes Hobby gefunden.
Aber oft bedarf es nur offener Augen und etwas Mut und Kreativität, um eigene Lösungen zu entdecken. Wer z.B. passabel Klavierspielen und Singen kann, wird leicht die Aufgabe des Leiters eines Seniorenchors übernehmen können. Wer sich mit dem Computer besser als seine Alterskollegen auskennt, kann damit individuelle "Kurse" für diese geben. Wer ein Hobby gut beherrscht, kann damit andere Gleichgesinnte begeistern und sich mit ihnen weiter entwickeln.
Das Wichtigste an all diesen Aktivitäten ist die Gesellschaft, die man dadurch bekommt. Da es keine Großfamilien mehr gibt, sind wir auf diese Kontakte angewiesen. Selbstverständlich kann diesen Wunsch vielfältig und gezielter ausbauen, darüber mehr im nächsten Kapitel.
In meiner Nachbarschaft in Böblingen und Sindelfingen hat man mit dem Konzept der "Mittleren Generation" sehr gute Erfahrungen gemacht. Hier bieten Frühpensionäre, die es in diesem Raum aufgrund der Industriestruktur reichlich gab, und auch Voll-Berufstätige ein umfangreiches Freizeit- Programm an, das kaum Wünsche offen lässt. Geschickt hat man sich nicht auf Senioren festgelegt und spricht mit der Wahl des Namens "Mittlere Generation" eine breite Teilnehmerschaft an, was ich für sehr wichtig halte.
Auch hat man es unterlassen, sich eine feste Struktur in Form eines Vereins oder einer Firma zu geben, was ebenfalls wichtig ist. Es genügt doch, als "Freundeskreis" zusammen zu kommen, mit dem Internet hat man eine passende, flexible und offene Management- Struktur zur Unterstützung und die meisten Absprachen sind ohnehin im Konsens zu treffen.
Wenn man die oben zitierte Seite durchklickt, dann sieht man anschaulich, wie diese Aktivitäten in der Praxis funktionieren. Einige, wenige zentrale Ansprechpartner mit mehreren Organisatoren, die eigenständig spezielle Projekte, wie Reisen, Wanderungen, Radtouren, Aufführungen etc. planen und einer noch größeren Teilnehmergruppe, die davon profitiert.
Ich selbst habe früher gerne Essreisen organisiert. Hier wurde immer nur für eine kleine Gruppe geplant, mit ganz geringem Risiko, aber mit viel Freude. Gerade erfahrene Senioren können solche Aufgaben bestens übernehmen. Klein beginnen, und hat eine Idee starke Nachfrage, dann kann man ja auf professionelle Unterstützung z.B. durch ein Reisebüro zurückgreifen.
Auch Kulturfahrten, Städtereisen, Firmenexkursionen, Wanderungen und andere Ausflüge eignen sich gut für privat organisierte Unternehmungen. Erfahrungsgemäß basieren sie fast alle auf einem "Stammtisch", einer Gruppe von Menschen, die sich regelmäßig aber unverbindlich trifft und die dann meist als Ideenschmiede und zentrale Informationsstelle funktioniert. Umgekehrt kann man aber auch andere regelmäßige Treffen in einen Stammtisch umwandeln, in dem z.B. eine Saunabelegschaft oder eine Musikergruppe auch Aktivitäten außerhalb ihres ursprünglichen Tätigkeitsbereichs einmal versucht.
Es liegt in der Natur des Alters, dass es gerne zurückblickt. War doch sicher ein großer Aufwand nötig, um etwas zu schaffen und aufzubauen und da kann dann schon auch etwas Stolz angebracht sein. Aber auch Nostalgie spielt eine große Rolle, das Schwärmen von früher, als man noch fitter und erfolgreicher war.
Deshalb ist die Beschäftigung mit seinem eigenen Leben durchaus sinnvoll und auch - wenn es im Rahmen bleibt - für andere interessant. Gerade am Beginn des Ruhestands wird man dafür besonders aufgeschlossen sein und man sollte zumindest den Versuch starten, doch seine Biografie zu schreiben. Fast jedes Leben wird interessant genug dafür sein, jedoch wird nicht jeder die Fähigkeiten haben, darüber auch interessant zu schreiben.
Aber die Nachkommen lesen auch einfache Aufzeichnungen gerne, allerdings nicht gerade in ihren jungen Jahren. Deshalb hat jede Biografie ihren Nutzen und ihre Leserschaft, auch wenn diese klein bleiben wird. Ich habe viele Menschen zum Niederschreiben bewegt und viele waren mir dann für diesen Tipp sehr dankbar. Nicht alle natürlich, einige haben schnell damit aufgehört und waren auch nicht mit Interviews davon zu überzeugen, aus ihrem Leben zu erzählen. Sie wollten einfach nicht mehr über Vergangenes reden, was sicherlich einzusehen ist.
Ein wichtiges Element für die Bewahrung von Kultur ist - wei schon oben erwähnt - die Weitergabe von Berufswissen, auch von nicht mehr existierenden Berufen. Dieses Wissen würde sonst mit den Menschen sterben. Berufe mögen sich zwar ändern, aber viele Prinzipien bleiben gleich, aus dem einfachen Grund, weil sich die Menschen kaum ändern. Für den allgemeinen Wohlstand erscheint es mir eine gute Chance unserer Zeit, dass unsere Menschen so alt werden können und so einfach die Möglichkeit haben, ihr Wissen zu teilen!
Auch Familienforschung (Genealogy) ist eine beliebte Beschäftigung für Senioren. Motiviert sie doch mit den Verwandten in Kontakt zu bleiben oder neue zu finden, kleine oder größere Reisen zu unternehmen und sich mit der eigenen Herkunft zu beschäftigen. Gerade das Internet mit neuen technischen Möglichkeiten hat diesem Hobby großen Auftrieb gegeben. Da es im Netz viele Berichte dazu gibt, kann ich mir ersparen, hier mehr darüber zu schreiben.
Beide Aktivitäten benötigen viel Zeit und auch Wissen, werden aber nicht unbedingt als wichtig oder dringend angesehen. Deshalb werden sie oft vernachlässigt und Wichtiges gerät in Vergessenheit.
Mit der Digitalfotografie haben auch Hobbyfotografen ein wunderbares Hilfsmittel bekommen, sehr viel Nützliches für die Gesellschaft zu leisten. Wenn sie dann ihre Fotos zu Archiven zusammenfügen, werden sie viele dankbare Abnehmer dafür bekommen, eventuell damit sogar auch Geld verdienen können. Und können sie ihre Ergebnisse auch im Internet publizieren, dann können sie damit vielleicht sogar berühmt werden, eines der höchsten aller Ziele alter Menschen.
Hat man eine Attraktion in seinem Heimatort, dann kann man anbieten, Touristen mit ihren eigenen Kameras vor dem "Motiv" zu fotografieren. Dies wird immer sehr geschätzt und die heutigen Kameras sind so einfach zu bedienen, dass man es auch ruhig wagen kann.
Aber nicht nur Bilder laden zum Archivieren ein. Jedes andere Sammelgebiet kann die Unterstützung erfahrener Menschen gebrauchen. Mit ihrer Ausdauer und Sorgfalt haben schon viele Senioren wichtige Informationsquellen geschaffen.
In dieses Aktivitätsfeld gehören auch die Beiträge zu Wikipedia. Diese Internet - Sammlung ist nicht nur interessanter Lesestoff, sondern lädt auch dazu ein, selbst Wissen beizutragen. Die Technik dafür ist einfach und kann von Senioren leicht erlernt werden, der Nutzen für die Menschheit aber ist groß. Es wäre gut, wenn mehr Menschen mit Erfahrung und Verantwortung sich dort beteiligen würden.
Seniorentester testen vorhandene Produkte, Dienstleistungen und Angebote auf Seniorenfreundlichkeit, Seniorenscouts hingegen finden oder erfinden neue. Immer wieder findet man davon Berichte in den Medien und so habe ich auch versucht hier als Opa Otto meine Dienste anzubieten.
Aber irgendwas scheine ich dabei falsch gemacht zu haben, es gab keine einzige Anfrage dazu. Und so habe ich die Opa-Otto Präsenz in eine Sammlung von Erzählungen umfunktioniert. Aber vielleicht macht es jemand besser als ich.
Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass sowohl Scouts, wie auch Tester auf dem Seniorenmarkt Sinn machen würden. Gerade im Tourismus und für Alltagsprodukte scheint mir der Bedarf groß zu sein, aber augenscheinlich ist der Seniorenmarkt immer (auch in 2014) noch nicht entwickelt genug, auch wenn Medien gerne das Gegenteil davon behaupten.
www.seniorenfreundlich.de/senioren-aktivitaeten.html