Ein futuristisches Szenario
Eine wichtige Vorbemerkung
zum Einkaufen für Senioren. Am liebsten tun sie es in den Läden der Nachbarschaft, die
sie ein ganzes Leben lang begleitet haben, wo das Personal nicht nur berät, sondern auch
einen Teil der Seelsorge übernimmt, wo sie den Tratsch über die Nachbarschaft hören
können, diese auch persönlich antreffen, es ein Anschlagbrett für die täglichen
Probleme gibt und das gut zu Fuss erreichbar ist. Aber diese Nachbarschaftsläden sterben aus. Nicht nur aus Kostendruck. Oft gehen die Besitzer selbst in den Ruhestand und es finden sich keine Nachfolger mehr, die diese antrengende und wenig lohnende Aufgabe übernehmen. Also werden sich viele alte Menschen mit der zweitbesten Lösung abfinden müssen, dem Einkaufszentrum, das dann vielleicht nur noch mit dem Auto gut erreichbar ist. Damit auch dieses seniorenfreundlich wird, habe ich dieses futuristische Szenario geschrieben. Denn es wird diese ideale Welt nicht geben. Aber es enthält Anregungen, die es Wert sind bedacht zu werden. Ich bin sicher, dass es sich für die Verantwortlichen lohnen wird, alle Vorschläge zu lesen. In den Kästen zwischendurch, die man überspringen kann, gibt es dann Erläuterungen. Alle Beispiele möge man exemplarisch verstehen, das heißt auch andere ähnliche Lösungen werden akzeptabel sein. Auch wird nicht alles für jeden gelten, man muss sich dann eben das Passende aussuchen. |
Das Ehepaar Emma und Otto, beide 66 Jahre alt fährt jeden Dienstag morgen mit dem Auto in den Supermarkt einkaufen. Manchmal, so auch heute, nehmen sie zwei Nachbarn mit, die dann schon mit ihren Einkaufswagen um 9h beim Auto auf sie warten. Fritz und Hilde sind schon über 70 Jahre alt, sind beide Singles und wohnen einige Hundert Meter von ihnen entfernt. Man hat sich vor dem Supermarkt kennengelernt, als die beiden an der nahen Bushaltestelle dort gewartet haben und von ihnen mitgenommen wurden.
Otto fährt einen Renault Kangoo, der relativ billig war und in dem man hoch sitzen kann. Als angenehme Sondereinrichtung hat dieses Auto eine Videokamera, die es ganz einfach macht, ohne den Kopf umzudrehen, rückwärts zu fahren. Eine wirklich große Hilfe beim Ein- und Ausparken, die gar nicht teuer war.
Sehr angenehm an diesem neuen Modell sind die per Knopfruck sich öffnenden Schiebetüren. Da braucht man keine Kraft mehr und man muss beim Türe öffnen kaum noch aufpassen. Hilde hat dies auch schon lange bei ihrem Smart, den sie aber gerne Zuhause lässt, wenn sie mit Otto mitfahren kann. Sie ist genug alleine und genießt es in der kleinen Gruppe, mit der sie inzwischen befreundet ist, einzukaufen.
Sie fahren deshalb immer am Dienstag, weil das Einkaufszentrum ihn zum Seniorentag gemacht hat. Und zwar nicht, weil es ihn so groß angekündigt hat, sondern weil es an diesem Tag immer ein kleines Unterhaltungs- oder Informationsprogramm angeboten hat. Am Anfang durch Gratis- Blutdruckmessen, dann war gelegentlich ein Alleinunterhalter in der Lobby, oder es gab eine Weinprobe oder es wurde der Kaffee verbilligt angeboten.
"Seniorenfreundlich" immer ein Marketingvorteil? Es mag vielleicht verwundern, dass ich abrate, eine Klassifizierung (so eine Art Senioren-TÜV) für Seniorendienstleistungszentren (im Gegensatz zu anonymen Seniorenprodukten, bei denen dies meist sinnvoll sein wird) einzuführen. Denn damit würde man das Problem kaum lösen, aber zusätzliche Kosten verursachen. Viel besser sind freiwillige Anstrengungen, die von den Senioren erkannt und honoriert werden und die über die Mundpropaganda verbreitet werden. Dazu ist es ratsam, einen Feedbackmechanismus zu finden, über den man die Nöte und Bedürnisse der älteren Kunden immer wieder herausfindet. Dazu dient am besten immer noch das persönliche Gespräch, das ein älterer Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin führen sollte und das nicht unter Zeitdruck stehen darf. Denn viel wichtiger als herzlos erfüllte Vorschriften ist die Herzlichkeit, mit denen man diesen Kunden als Menschen begegnet. |
Auf diese Art und Weise wurden alle Senioren in der Stadt auf diesen Service aufmerksam und der sonst eher verkaufsarme Dienstagvormittag wird heute von vielen Silberhaarigen genutzt, sich an diesem Tag mit dem Wochenbedarf einzudecken, aber auch um sich zu treffen.
Das Einkaufscenter hat einen eigenen Seniorenparkplatz, der diskret mit dem Logo 60+ gekennzeichnet ist. Er ist nur einreihig, man kann also durchfahren, muss nicht rückwärts rausschieben und hat etwas breitere Parkbuchten. Damit er nicht ständig von anderen Bequemen fehlbelegt wird, ist er etwas weiter vom Eingang entfernt. Aber dies stört die Vier überhaupt nicht, denn sie gehen ohnehin immer mit ihren eigenen Einkaufswägelchen (Shopper, Einkaufsroller) einkaufen, weil dann auch Zuhause der Weg vom Auto nicht ganz nahe ist.
Seniorenlogos Erfahrungsgemäß sind sie ein zweischneidiges Schwert. Denn auf der einen Seite stigmatisieren sie, und das wollen die Alten gar nicht. Auf der anderen Seite wären sie natürlich sehr hilfreich, um auf spezielle Einrichtungen oder Qualitätsstandards hinzuweisen. Ich denke, es liegt viel an der Art des Logos, ob sie akzeptiert werden oder nicht. Persönlich gefallen mit 60+ (ausgesprochen 60 Plus), auch 66 würde passen, denke ich. Keines von diesen ist "offiziell", aber es wäre an der Zeit, dass man sich eins - auf europäischer Ebene - ausdenkt und dann auch festlegt. Hier zwei Vorschläge, die sich auch international eignen würden:
oder
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Im Einkaufszentrum geht dann Fritz zuerst auf die Toilette. Sie ist gut ausgeschildert und gleich am Eingang. Fritz hat hohen Blutdruck, nimmt entwässernde Tabletten und muss speziell am Morgen jede Stunde einmal aufs Klo. Da er schon vor der Fahrt zu Fuss unterwegs war, ist es jetzt höchste Zeit dafür.
Die Einkaufswägelchen können, wenn sie leer sind, mit ins Einkaufszentrum mitgenommen werden. Muss man sie abgeben, ist es auch kein Problem, denn das Einkaufszentrum hat für die Aufbewahrung eine ganz simple Lösung gefunden. Wie früher in den Zechen im Ruhrpott werden sie an einen Haken gehängt und in die Höhe gezogen.
Es gibt keine Stufen im ganzen Zentrum, der Bodenbelag ist rutschsicher, neben der Rolltreppe in den ersten Stock hat es auch einen Lift. Die Rolltreppen sind so geschaltet, dass man sie ohne Umwege benutzen kann. Der ganze Raum ist hell, aber mit vielen farblichen Akzenten. Aufschriften sind groß und lustig. Etiketten haben eine Fontgröße von mindestens 14 Punkten. Lupen an Regalen helfen, wenn man die Brille vergessen hat.
Es gibt neben Großpackungen auch Singlegrößen. Vorzugsweise ist Personal vorhanden, das man auch befragen kann und mit dem man auch reden kann. Unter den Verkäuferinnen und Verkäufern sind auch einige schon im fortgeschrittenen Alter. Denn gerade wenn es um Beratung geht, wenden sich die Senioren gerne an diese, denn von ihnen fühlen sie sich besser verstanden.
Auch im Supermarkt selbst gibt es einige Sitzgelegenheiten, etwa an kleinen Plätzen, wo es immer Bewegung gibt und man für einige Augenblicke zuschauen kann. Besonders wenn man auf seinen Partner warten muss, nimmt man gerne darauf Platz.
Fritz kauft für sich selbst ein. Emma und Hilde gehen zusammen. Otto geht zwar auch mit, kürzt aber dann den Weg schnell ab, geht problemlos durch eine Kasse und wartet außerhalb in einem Bistro auf die anderen Drei. Dort trinkt er - in rauchfreier Umgebung - mit Genuss einen koffeinfreien Kaffee. Als nächster kommt Fritz dazu und trinkt auch einen, etwas später kommen dann die beiden Damen, die einen richtigen Kaffee genießen, weil sie beide niedrigen Blutdruck haben. Hilde macht auch immer einen Blick aufs Gratis-Anschlagbrett.
Bezahlt haben alle bar, denn so kann man am besten das Geld, von dem sie alle nicht allzuviel haben, einteilen. Die beiden Männer gehen nochmals auf die Toilette, die Damen lassen sich in der Zwischenzeit von einem Clown unterhalten, der in der Lobby lustige Späße treibt.
Kaiser's in der Andreasstraße 59, D-10243 Berlin-Friedrichshain, wurde 2009 von der Presse als vorbildlich eingestuft (werde ich mir beim nächsten Berlin Besuch selbst anschauen)! Hier eine Erfolgsstory aus Österreich Nach erfolgreichem Testlauf in Salzburg Bergheim, eröffnete ADEG in
der Laaer Berg-Straße 67-69, nun auch den ersten 50+ Markt in der Bundeshauptstadt der
speziell auf die Bedürfnisse älterer Menschen Rücksicht nimmt und ausschließlich
erfahrene Mitarbeiter beschäftigt.
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Da es neben dem Supermarkt auch einige andere kleine Läden und auch einen Service-Punkt mit Bank, Post und Internet gibt, können auch andere, kleine Besorgungen, die sonst sehr umständlich und zeitaufwendig wären, erledigt werden. Manchmal bleiben alle vier solange dort, dass sie dann auch das billige Mittagsmenu einnehmen, das es schon ab 11h gibt.
Manchmal aber nehmen sie sich vom Kiosk aber etwas Knuspriges mit, entweder Brathähnchen oder auch andere Genüsse. Gemeinsam fahren sie dann wieder nach Hause.
Der Vormittag im Einkaufszentrum hat nicht nur für Nachschub gesorgt, er war auch unterhaltsam, man hat sich getroffen und hat auch etwas voneinander berichtet. Für den Nachmittag haben Otto und Fritz einen längeren Spaziergang vor. Hilde und Emma haben sich für den nächsten Vormittag zum Schwimmbadbesuch verabredet.
Öffnungszeiten Für Senioren sind frühe Einkaufszeiten günstig. Öffnungszeiten am Abend und am Wochenende brauchen eher die Berufstätigen. Neben einem nicht zu hohen Preisniveau zählen vor allem bequeme An- und Abfahrt zu den Pluspunkten. Da zu ihren Hauptproblemen die Einsamkeit gehört, ist es wichtig mit einer Art Unterhaltungsprogramm ihren Besuch so zu synchronisieren, dass sie sich auch treffen können. Ein schöner Service ist das Bestellen von Zuhause (mit einem bezahlbaren Lieferservice) via Telefon oder via Internet (dann spielen Zeiten keine Rolle mehr) |
Hier ein kleine Mängelliste, für Architekten und Manager zum Nachdenken.
Wer auf der Suche nach Hinweisen für ein Senioreneinkaufszentrum
ist, muss unterscheiden: Wollen Sie ein Einkaufszentrum mit speziellen Seniorenprodukten oder ein normales Einkaufszentrum seniorenfreundlich gestalten? Je nach Altersgruppe können Konsument und Käufer ganz verschiedene Gruppen sein. Für die Generationen 80+ oder 90+ werden Pflegekräfte, Angehörige (Kinder oder auch Enkel) oder fittere Altersgenossen eher die Käufer sein, als die eigentlichen Abnehmer von Seniorenprodukten oder -dienstleistungen. So wie bei Spielzeugläden Kinder UND Erwachsene bedient werden müssen, so wird mit zunehmendem Alter der Seniorenwunsch immer mehr über Mittelspersonen erfüllt werden. |
www.seniorenfreundlich.de/einkaufszentrum.html