So um die 40 herum, sehr wahrscheinlich aber dann ab 45, werden Menschen, die vorher keine Brille gebraucht haben, langsam feststellen, dass ihnen beim Lesen "die Arme zu kurz werden". Ein Besuch beim Augenarzt macht ihnen dann klar, was sie eigentlich ohnehin vermutet haben: sie gehören jetzt dem Klub der Brillenträger an.
Diese Altersweitsichtigkeit wird aber oft nicht akzeptiert. Denn wer will in Zeiten des Jugendlichkeitswahns schon zu den Alten gehören. Und leider gibt es auch immer wieder den Glauben, dass man mit genügend Training sie hinauszögern oder gar verhindern kann. Aus der Sicht des Mediziners mag dies ja auch stimmen, aber in der Praxis gibt es damit Probleme.
Ich bin leider auch diesen - rückblickend aus meiner Sicht wirklich blöden - Meinungen verfallen und habe dafür deutlich büßen müssen. Weil dieses Hinauszögern dazu geführt, dass ich das Lesen vermieden habe und das kann für Berufstätige wirklich dramatisch werden. Ich schreibe deshalb hier meine persönlichen Erfahrungen zu diesem Thema detailliert auf, um anderen Menschen vor ähnlichen Schaden zu bewahren. Ich bin kein Arzt und deshalb mein genereller Hinweis, bei Sehproblemen unbedingt den Augenarzt aufzusuchen.
Warum tragen Menschen so ungern Brille? Sprichwörter wie "Mein letzter Wille, eine Frau/ein Mann mit Brille", Ausdrücke wie "Brillenschlange", Behinderungen in der Jugend beim Sport oder beim Küssen mögen alle dazu beigetragen haben, dass wir negativ auf Brillen eingestellt sind. Das Haupthindernis war aber bei mir wirklich der soziale Druck, dadurch älter zu wirken. Denn Altersweitsichtigkeit gehört zu den ersten sichtbaren Zeichen des Alterns, sie tritt ein, lange bevor andere Symptome oder Krankheiten kommen.
Aber wenn man dann tatsächlich eine Brille trägt, kommen neue Erfahrungen dazu. Erstens, Brillen beim Optiker sind unverschämt teuer und sie behindern die Mobilität enorm. Allerdings wird man auf sie kaum verzichten können, denn ihre Vorteile sind wirklich überzeugend. Arbeiten doch viele von uns an Bildschirmarbeitsplätzen, das heißt sie verdienen ihr Geld mit Sehen. Zu all diesen Themen teile ich hier meine persönliche Erfahrung mit anderen Betroffenen, um auch sie zu ermuntern, sich der Brillenfrage früh zu stellen und dabei viel Geld und Mühe zu sparen. Die etablierten Verantwortlichen in der deutschen Gesundheitspolitik werden vieles davon nicht gut finden, denn ich leiste damit auch einen Beitrag zur Senkung der Kosten, und das ist in Deutschland ein Sakrileg.
Ich würde mich rückblickend ganz eindeutig für eine Brille entscheiden. Wer unsicher ist, ob er eine braucht, nehme gelegentlich eine 1 Dioptrienbrille und lese damit. Wer dabei ein Aha-Erlebnis hat, ist eindeutig reif für eine Brille. Zwar kann man bei sehr heller Beleuchtung diesen Zeitpunkt etwas hinausschieben, aber mehr würde ich nicht mehr tun. Der Ausweg Großbuchstaben oder großer Bildschirm ist auf die Dauer nicht tragbar, denn es wird immer Informationen geben, die so nicht aufbereitet werden können.
Hier kann man am meisten sparen, denn Optiker sind nur für Korrekturbrillen notwendig. Sie verdienen ihr Geld ansonsten mit der Eitelkeit oder auch Dummheit ihrer Klientel, wie mir einer von ihnen einmal ganz im Vertrauen mitgeteilt hat. Die sogenannten Billigbrillen aus dem Kaufhaus oder Supermarkt tun ihren Zweck bei Altersweitsichtigkeit fast genauso gut. Ich habe bis auf die ersten Brillen (wo ich noch nicht genug informiert war) für keine meiner Brillen dann mehr als 15 ausgegeben.
Natürlich habe ich auch Mehrstärkenbrillen oder Gleitsichtbrillen ausprobiert. Ich bin damit nicht zurecht gekommen. Denn meine Aktivitäten bestanden nicht nur aus Autofahren oder Bücher lesen, wofür sie gut sein mögen. Ich hatte große Probleme beim Treppensteigen und bei der Bildschirmarbeit. Heute habe ich viele Brillen, für verschiedene Zwecke der Distanz angepasste. Da sie wenig kosten, kann auch ich mir diesen Luxus leicht leisten. Die Brillen liegen verteilt dort, wo ich sie brauche. Auch dies ist ein großer Vorteil.
Zum Beispiel habe ich eine eigene Brille, nur zum CDs kaufen. Sie ist wesentlich schwächer als meine Lesebrille und erlaubt mir CDs sowohl im Regal, als auch dann in der Hand zu begutachten.
Leider nicht allgemein in Kaufhäusern erhältlich sind in Deutschland Lesebrillen mit ganzen Gläsern. Hier kennt man nur die Halbbrillen. Aber wer große Zeitungen lesen will oder am Bildschirm arbeitet, wird damit zu viele unnötige Kopfbewegungen machen müssen, die zu Verspannungen führen. Ich kaufe mir diese großen Brillen in Drugstores in den USA oder lasse sie mir mitbringen. Hier herrscht in Deutschland Nachholbedarf.
Andere Sehhilfen
Auf die Bedeutung von hellem Licht beim Lesen habe ich schon hingewiesen. Fast alle Seniorinnen und Senioren, die ich kenne, führen deshalb eine kleine, leichte LED Taschenlampe mit sich. Als weiteres Utensil hat sich noch eine große Lupe gut bewährt, wenn ich winzige Texte oder Details anschauen will. Mit Kontaktlinsen oder Augenoperationen habe ich keine Erfahrung, kann also auch nichts dazu sagen.
Es gibt sicherlich nicht viele Menschen, die in meinem Alter soviel Zeit am Bildschirm verbringen wie ich. Wer nun bei mir einen 21 Zoll Bildschirm vermuten würde liegt völlig falsch. Ich sitze vor einem Notebook, mit einer großen Lesebrille. So habe ich in meinem Gesichtsfeld den gesamten Schirm und bei einer kleinen Drehung zum Konzepthalter dort in der selben Distanz und Neigung auch meine Vorlagen. Mit diesem Setup habe ich ohne Anstrengung tausende von Seiten und einige Bücher geschrieben.
Nebenbei gesagt brauche ich dabei für mein Hobby auch ganz wenig Platz. Der Drucker ist in einem Fach über dem Notebook, darüber in einem weitern Fach das Telefon, das ich dann im Stehen benütze. Für meinen gesamten, platzsparenden "Arbeitsplatz" brauche ich etwa 2 Quadratmeter (inklusive Stuhl), ohne mich deshalb groß einschränken zu müssen.
Links ist ein versperrbarer Metall-Büroschrank, in dem sich alle wichtigen Informationen befinden. Darin ist auch Platz für den Notebook-Computer, den ich darin einschließe. Am Schrank sind Adresslisten (in Großdruck) und aktuelle Souvenir-Karten.
Man erkennt deutlich das Notebook, mit heller Tastatur (wer hat bloß diesen Unsinn mit der schwarzen Farbe propagiert) und einem 15 Zoll Schirm. Wichtig ist auch, dass es kaum Lärm erzeugt. Daneben ein Konzepthalter mit den Vorlagen und rechts davon eine Leselampe, die alles gut erhellt. Als Mousepad verwende ich einen Notizblock, den man abreißen kann.
Hinter dem Notebook ein Kästchen mit der Digitalkamera und den dazu nötigen Utensilien. Über dem Notebook der Drucker und darüber das Telefon und ein Jahreskalender. Rechts davon Telefonbücher und andere Handbücher, die ich häufig brauche. Unter der Arbeitsfläche sind in einem Fach Computerpapier, Disketten und CDs und auch Lautsprecher. Links vor dem Aktenschrank ein Sack fürs Altpapier. Auf dem Aktenschrank eine Schachtel mit Papier, das ich wieder verwende.
Ich habe diese Anordnung aus japanischen Büros übernommen, wo man mit Platz sehr geizt. Sie eignet sich genau so fürs Studentenheim wie fürs Altersheim. Wer mit dem Platz sparen muss, wird für diese Tipps sehr dankbar sein.
Update 2019: Die grundsätzliche Anordnung hat sich auch nach Umzug und mit anderen Rechnern nicht geändert. Sie hat sich also tatsächlich über viele Jahre bewährt. Bücher gibt es beim Computer keine mehr, dafür steht jetzt ein Digitalradio zur Verfügung. Auch ein Telefon steht nicht mehr dort. Ich telefoniere nur noch ganz selten und habe nur noch ein Handy.
Bemerkenswert gewachsen ist die Anzahl der Ladegeräte. Alleine drei für meine Canon Kameras, dazu noch eins von Panasonic. Zwei für Zahnbürsten, eins fürs Handy und eins für AA/AAA Akkus, sowie mehrere für externe Festplatten. Es wird Zeit für noch mehr USB ladefähige Geräte.
Ein zweiter Arbeitsplatz ist neben dem Fernsehsessel, nämlich ein Tablet.
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